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Statements zum Thema digitales Lernen

Im Rahmen des Kongresses haben wir Politiker und bekannte Personen zum Thema „Wie wird das Internet die Schulen in den nächsten 10 Jahren verändern?“ um ein Statement gebeten.
Hier die Antworten:


Hannelore Kraft - (Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen):


Patrick Sensburg

„Computer- und Internetzugang sind für viele Menschen in Deutschland erfreulicherweise längst wichtiger Bestandteil des Alltags. Internetseiten, Soziale Netzwerke und Blogs sind insbesondere für Jugendliche ein wichtiger Bestandteil der Freizeitgestaltung und der politischen Willensbildung geworden. Und auch in unseren Schulen wird der Umgang mit diesen Technologien in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Sie bieten viele neue Impulse für den Unterrichtsalltag: Tablet-PCs, Laptops, intelligente Tafeln und digitale Schulbücher werden in 10 Jahren im Unterricht viel selbstverständlicher sein als heute. Ich stelle mir vor, dass die Inhalte der zukünftigen Schulbücher durch regelmäßige Updates auf dem neuesten Stand gehalten werden können und so, an Hand ganz aktueller Debatten, Politik in der Schule diskutiert und gelernt werden kann. Weil die digitalen Medien in der Schule der Zukunft von so zentraler Bedeutung sein werden, freut es mich sehr, dass Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit Lehrerinnen und Lehrern sowie unterstützt durch IT-Unternehmen am Thema digitales Lernen mitarbeiten. Ganz klar ist für mich: Das Internet im Unterricht wird in naher Zukunft zur Recherche, Zusammenarbeit und Kommunikation zentraler Bestandteil des gemeinsamen Lernens werden. Außerdem schaffen neue technische Möglichkeiten auch neue Chancen für eine gerechte Teilhabe. Ich denke dabei zum Beispiel an Schülerinnen und Schüler, die aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Klasse präsent sein können oder oftmals den Wohnort wechseln müssen. Ihnen wird mit Videotechnologie wie Webcams die Möglichkeit geboten, aktiv am Geschehen teilzuhaben und so leichter den Anschluss an die Klasse und die Lernziele zu halten. Und für die bessere Vorbereitung zu Hause lassen sich die Unterrichtsstunden aufzeichnen und mit anderen Informationsformen kombinieren. Dies zeigt beispielhaft, wie Technologie auch dazu beitragen kann, die zentralen Aspekte der Bildungspolitik zu verwirklichen: Ein sozial gerechtes und leistungsförderndes Schulsystem schaffen, das alle Talente nutzt, Verschiedenheit schätzt und kein Kind zurücklässt.

Für die Schülerinnen und Schüler ist ihre Schule aber nicht allein ein Ort für die Vermittlung von Wissen. Es geht auch um soziale Fähigkeiten, die beim gemeinsamen Lernen eingeübt und vertieft werden können. Der persönliche Kontakt wird auch in 10 Jahren noch von großer Bedeutung in Schule und Berufsleben sein. Daher werden wir im Jahre 2022 eine gelungene und umfassende Integration der neuen Technologien in die Schulen sehen, welche den Schulunterricht in den Grund- und weiterführenden Schulen um digitale Aspekte ergänzt, ihn aber nicht ersetzt. In diesen Schulen der Zukunft wird der Zugang zu und der richtige Umgang mit den unterschiedlichen Informationen und Möglichkeiten klassischer und neuer Medien wichtiger Bestandteil des Unterrichts sein. Darauf freue ich mich sehr und wünsche Ihnen daher für Ihren Kongress interessante Diskussionen und viel Erfolg."



Prof. Dr. Patrick Sensburg - (Bundestagsabgeordneter und Hochschullehrer):


Patrick Sensburg

„Medienkompetenz ist zu einer Schlüsselqualifikation unserer Gesellschaft geworden. Sie muss daher auch Einzug ins Unterrichtsgeschehen nehmen. Die selbstverständliche Kommunikation Jugendlicher über Ländergrenzen hinweg wird für Fächer wie Erdkunde, Fremdsprachen oder Politik ganz neue Möglichkeiten schaffen. Der unkomplizierte Zugriff von Schülern und Lehrern auf diverse Wissensquellen wird den Unterricht bereichern, ebenso die Möglichkeiten von Smartboards und Computersimulation. Das Lernen wird individueller gestaltet werden können. Damit werden die Lehrer, stärker als jetzt, Begleiter des Lernens ihrer Schüler.


Vorsicht ist allerdings geboten, wenn technologischer Fortschritt ohne pädagogisches Konzept erfolgt. Wir müssen garantieren, dass die Aus- und Fortbildung der Pädagogen den Internetfähigkeiten der Schüler nicht "hinterherläuft". Auch konservative Kernkompetenzen wie Lesen, kritisches und strukturelles Denken sowie "Wissensmanagement" müssen sichergestellt werden. Schließlich dürfen auch die Grundregeln des menschlichen Zusammenlebens durch das Internet nicht auf den Kopf gestellt werden: Cybermobbing ist tabu!


Die neuen Medien bieten riesige Chancen die Lernenden dort abzuholen, wo sie individuell sind. Dies führt zu größeren Chancen für alle. Darum stehe ich neuen Medien sehr positiv gegenüber und bin mir sicher, dass sie die klassische Lehre nicht ersetzen, aber eine immer größere Bereicherung darstellen werden."



Axel E. Fischer - (Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der Enquete Kommission Internet und digitale Gesellschaft):


Axel Fischer

„Die digitalen Medien werden zunehmend Einzug halten in die Klassenzimmer und in den Unterricht. Der Trend ist nicht mehr aufzuhalten. Deshalb dürfen wir gemeinsam überlegen, wie die Chancen des Internets am besten für die Schule genutzt werden können. Ich habe mich gefreut, dass der Preis für die originellsten Einsendungen beim Wettbewerb zur DigiLern 2012 ein Klassensatz Notebooks ist. Die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft hat in eine ähnliche Richtung gedacht. Deshalb lautete eine der Handlungsempfehlungen im Bericht der Projektgruppe Medienkompetenz, der im Oktober 2011 erschienen ist:

‚Einen mobilen Computer für jede Schülerin und jeden Schüler für neue Bildungskonzepte und neue Lehrmethoden.‘

Heute ist es längst noch nicht so, dass alle Schülerinnen und Schüler über einen eigenen mobilen Computer verfügen, den sie auch mit zur Schule nehmen können. Häufig können Lehrerinnen und Lehrer das Internet und die neuen Medien nicht verpflichtend in den Unterricht integrieren, weil nicht alle Schüler einen Computerzugang haben.

Die Enquete-Kommission empfiehlt die Ausstattung aller Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufen I und II mit Laptops. Wünschenswert sind freie Soft- und Hardware, sofern es wirtschaftlich sinnvoll ist. Dabei sollten Lehrende und Lernende die mobilen Computer nicht mehr nur in separaten Computerräumen, sondern ortsunabhängig und fächerübergreifend nutzen und in jegliche Unterrichtsformen integrieren können. Das prägt das Bild der Schule der Zukunft ganz erheblich – denn Schülerinnen und Schüler hätten ihre Lernumgebung immer dabei!

Natürlich müssen auch Lehrerinnen und Lehrer mit neuen Medien kompetent und souverän umgehen. Deshalb brauchen sie bessere Hilfestellungen für den Einsatz von Computern im Unterricht. Das geht mit didaktischen Qualifizierungsmaßnahmen für Pädagogen und einer medienadäquaten Bildungsoffensive einher. Denn digitale Technik in Schulen braucht ein neues Lehr- und Lernverständnis, das den neuen Möglichkeiten hinsichtlich vernetzten, kollaborativen Lernens und individueller Wissensaneignung gerecht wird."




Gunter Dueck - (Professor für Mathematik, Autor):


Patrick Sensburg

„Das Lehren reinen Stoffes wird durch absolute Wunderstars im Netz erledigt werden können. Man nehme die 20 allerbesten Lehrer der Welt und filme mit enormen Aufwand Videos, Wissenskurzspots, Zeichentrickfilme drumherum. Dazu gibt es Miniprüfungen und Wiederholungssessions. Lokal in den Ländern gibt es reine Prüfungslehrer, bei denen man sich zum Examen anmelden und es dort ablegen kann. In der Schule selbst wird das gelehrt, was heute eher gar nicht in der Schule vorkommt, aber immer mehr im Leben gebraucht wird: praktische Ethik, Gemeinsinn, Solidarität, Rhetorik, Präsentieren + Überzeugen, Managen, Grundzüge der Projektleitung, Psychologie, Kommunikation, Zeichnen, Malen, Komponieren + Musizieren, Theaterspielen, Dichten (nicht Interpretieren oder Analysieren, das ist online), und Ausbildung in einer Leistungssportart nach Wahl (es geht hier nicht nur um Körperertüchtigung, sondern um Schulung von Instinkt, Beherrschung, Selbstdisziplin, Willensstärke, Initiative etc., darum wissen alle asiatischen Lehren). Im Internet lernt man das Generelle, was für alle gleich ist, im Unterricht wird der Mensch entwickelt, und zwar jeder einzeln für sich - mit Betonung auf die Talente, die in ihm geweckt werden können.


(Und wer mir jetzt Seltsamkeit nachsagen möchte, surfe ein bisschen unter Khan-Academy und Sebastian Thrun - die fangen gerade in großem Stil an! Sie gehören zu den weltbesten Lehrern - und die Thrun-Kurse werden an deutschen Universitäten auch schon lokal abgeprüft. Diese Tendenz wird sich im Universitätsbereich wahnsinnig beschleunigen, weil die Studenten nicht mehr in schlechte Vorlesungen gehen (und sie gehen nicht einmal mehr in die Vorlesungen von Sebastian Thrun selbst! Sie wollen ihn lieber als Video!!). Die Universität wird diesen Weg eher gehen als die Schule, weil sie fast nur "Generelles" lehrt, was für alle gleich ist, und fast NICHTS, was nicht für alle gleich ist - das Besondere kommt ja oft erst im Doktorandenseminar. Die Schule wird lange mit der Kulturumstellung kämpfen, weil die Lehrer eigentlich eher so sehr stofflich lehren, dass sie durch Internet ersetzt werden können - sie müssen sich alle umstellen oder durch junge Lehrer ersetzt werden, die Kinder zu professionellen Menschen erziehen und entwickeln. Für mich selbst ist es bedrückend, wie sehr die Lehrer zu dieser neuen Zeit innerlich in Opposition stehen. Wird es nicht besser so, wie es kommen wird? Das einzige, was wir brauchen, ist "der NEUE LEHRER", und da hört die Begeisterung echt auf. Da schauen Lehrer wie schüchterne Mathematiker bei IBM, von denen ich verlangte, sie müssten nun auch das Verkaufen und Präsentieren lernen... Das Selbstverständnis der Schullehre 1.0 ist ein großes Hindernis. An der Universität wollen die Professoren meist eh nur forschen, da ist es kein prinzipiell kulturelles Problem, die ungeliebte Lehre an Thrun & Khan abzugeben. Deshalb kommt der Umschwung erst in der Wissenschaft. Die Schule aber hat die schwierige Aufgabe, sich neu zu erfinden. Humboldt 2.0, bitte!)"



Thomas Jarzombek - (Bundestagsabgeordneter und Mitglied der Enquete Kommission Internet und digitale Gesellschaft):


Patrick Sensburg



„Das Internet wird das Lernen auch außerhalb des Klassenraums beflügeln. Die Enquete hat gefordert, dass jeder Schüler ein eigenes Laptop/einen eigenen Tablet erhalten soll, damit die Lernchancen der neuen Medien endlich konsequent genutzt werden.“






Dr. Konstantin von Notz - (Bundestagsabgeordneter und Mitglied der Enquete Kommission Internet und digitale Gesellschaft:)


Patrick Sensburg

„Netz und Digitalisierung werden den Schulalltag in den nächsten 10 Jahren stark und nachhaltig verändern. Statt unser Wissen überwiegend aus Büchern und von Tafeln zu beziehen, werden wir zunehmend auf ständig aktualisierte, digitale Dokumente auf gemeinsamen Lehr- und Lernplattformen zurückgreifen. Das heißt, dass Lerninhalte gemeinsam in Echtzeit erarbeitet werden können, dass sich eine Schulklasse in Wuppertal mit ihrer Austauschklasse in Singapur zum gemeinsamen Englisch-Unterricht per Videokonferenz verabreden kann und Physik-Experimente in Online-Seminaren ausprobiert werden.

Natürlich ist hierfür Medien- und Netzkompetenz besonders wichtig, also zu wissen, wie wir uns im Netz bewegen sollten. Das gilt sowohl für die Lehrerinnen und Lehrer als auch für die Schülerschaft. Um die Chancen von Internet und Digitalisierung für den Schulalltag noch besser nutzen zu können, sollten wir verstärkt auf die Förderung und Entwicklung von unter freien Lizenzen stehenden Lern- und Lehrinhalten nach dem Ansatz der Open Education Ressources (OER) setzen. So können wir die Weiterentwicklung und breiten Zugang zu freiem Wissen weiter stärken."



Christian Spannagel - (Professor für Mathematik):


Patrick Sensburg

"Ich stelle mir eigentlich zunächst die Frage, weshalb das Internet die Schule heute noch nicht oder nur marginal verändert. Das Internet revolutioniert zurzeit alle Lebensbereiche. Die Schule scheint hier "hinterherzuhinken". Woran liegt das? Die zwei größten Probleme sind 1) die IT-Ausstattung der Schulen einerseits und 2) die Medienkompetenz der Lehrerinnen und Lehrer andererseits. Zu 1) Viele Schulen haben Computerräume. Oft ist dort allerdings die Hardware veraltet, und es ist sehr umständlich, diese Räume zu nutzen: Man muss den Raum reservieren, mit einer Klasse dort hineinwechseln, dann brauchen die Computer ewig zum hochfahren, manche Rechner funktionieren plötzlich nicht - das ist nicht vertretbar in Schulstunden, die 45 Minuten dauern! Doch das Problem ist noch viel grundlegender: Es ist finanziell und organisatorisch überhaupt nicht zu leisten, dass Schulen eine ausreichende IT-Ausstattung auf dem aktuellen Stand haben. Alle paar Jahre müssten alle Schulen neu ausgestattet werden! Insofern denke ich, dass IT und damit auch die Internetnutzung erst dann großflächig in die Schulen Einzug hält, wenn die Schüler selbst leistungsstarke und kostengünstige Kleingeräte (Tablets o.ä.) im Klassenzimmer haben und bei Bedarf verwenden (so ähnlich wie einen Taschenrechner heute). Man geht dann einfach ins Internet, wenn man es braucht, ansonsten bleibt das Gerät aus und man arbeitet mit anderen Medien. Zu 2) Dieses Problem ist noch viel grundlegender: Lehrerinnen und Lehrer wissen selbst zu wenig über die Potenziale von Internet-Anwendungen für den Unterricht. Wie auch! Die Entwicklung im Internet ist rasend schnell, sodass es schwierig ist, "mitzukommen" - und das vor allem dann, wenn man sowieso kaum Zeit hat. Und Lehrerinnen und Lehrer haben wenig Zeit, wenn man beachtet, was sie alles auch außerhalb der reinen Unterrichtszeit leisten müssen. Ein oder zwei Lehrerfortbildungen pro Jahr sind da nur ein Topfen auf den heißen Stein. Lehrerinnen und Lehrer müssten sich eigentlich permanent und kontinuierlich selbst weiterbilden. Hierfür benötigen sie Zeit, und dies kann nur durch zusätzliche Personalressourcen (weitere Lehrer, Betreuungspersonal, ...) in den Schulen gewährleistet werden. Somit lautet mein Fazit: Wer möchte, dass digitale Technologien in die Schulen Einzug halten, sollte weniger Geld in Technik stecken, sondern mehr Geld in Personalressourcen und Weiterbildungsangebote, damit Lehrerinnen und Lehrer selbst "fit" sind für den Einsatz solcher Technologien im Unterricht."

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